Vom Jugendklub zum Klub für jedermann
Jürgen Dettling kurz vor Fertigstellung der Renovierungsarbeiten für den Kulturklub Reichenbach im vergangenen Jahr. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Den Kulturklub Reichenbach gibt es in heutiger Form fast seit einem Jahr. Beim Sommerfest am 17. und 18. Juni kann man sich von der Vielfalt der Ideen und dem Elan seiner Träger einen Eindruck verschaffen und auch mit Macher Jürgen Dettling ins Gespräch kommen, der dem Niederschlesischen Kurier über die Anfänge berichtete.
Reichenbach. Jugendliche in Reichenbach beschwerten sich schon lange, darüber, dass sie keinen Raum für sich hätten, um unter sich zu sein. Der „Jugendclub“ am Schützenplatz galt in der öffentlichen Wahrnehmung lange als ein solcher Raum, war aber in den letzten Jahren seines Bestehens oft nur noch Refugium für eine Hand voll junger Erwachsener. Massive Zerstörungen im Haus legten außerdem Zeugnis davon ab, dass den Nutzern jeglicher Respekt für das mietfreie städtische Gebäude abhanden gekommen war.
Die Stadtverwaltung rief vor diesem Hintergrund in der „Heimatrundschau“ auf, Konzepte für die Wiederbelebung des Hauses einzureichen. Der Verein „Black Dog“ hatte eine Idee und bekam das Vertrauen, diese umzusetzen. Der Kulturklub entstand daraufhin mit dem Plan, Kulturveranstaltungen jeder Art nun für alle Generationen anzubieten.
Unscheinbar und funktional fügt sich der Kulturklub neben der Oberschule und der Sporthalle an den Schützenplatz in Reichenbach ins Ortsbild. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Black-Dog-Chef Jürgen Dettling betont dennoch die Erfordernis: „Klar ist: Der ’Klub’ möchte sich stark um Angebote für Jugendliche kümmern“ und räumt ein: „Wir sind kein Jugendhaus, wir sind nicht der Jugendring, wir sind keine Sozialpädagogen. Der Kulturklub macht im Rahmen seiner Möglichkeiten immer wieder kulturelle Projektangebote für Jugendliche von zwölf bis 25, auch Veranstaltungen, Kurse und Workshops. Wir würden ja den Versuch wagen, das Haus einen Abend die Woche Jugendlichen in Eigenregie zu überlassen. Dazu müssten sich aber junge Volljährige finden, die die Verantwortung übernehmen. Solche sind bislang nicht in Sicht.“
Der Kulturklub löst jedenfalls seit 1. März ein Versprechen ein – und bietet einmal wöchentlich in seinen Räumen – außer in den Ferien – ein Jugendcafé an. Betreut von Erwachsenen, organisieren Jugendliche verantwortlich den Cafébetrieb. Das Jugendcafé ist jeden Mittwoch von 14.30 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet. Das Programm reicht von einem Filmnachmittag, über Workshops bis zu kleinen Projekten.
„Wir machen Ernst mit dem Wechselspiel von ’Verantwortung und Partizipation’: Das jugendliche Caféteam ist zuständig für den kompletten ’Geschäftsbetrieb’, einschließlich Einkäufen, Speise- und Getränkekarte, Putzen und Aufräumen“, sagt Jürgen Dettling. Die unterstützenden Erwachsenen seien für das kulturelle Rahmenprogramm und Jutta Renner für das Gastronomische zuständig. Was letztlich im Café passiere und was nicht, würden aber die Jugendlichen entscheiden.
Zur Debatte habe gestanden, im Jugendcafé für Besucher ab 16 Bier auszuschenken. „Wir haben beschlossen, das nicht zu tun. Nur, weil man es rein theoretisch dürfte, heißt das nicht, dass man es auch machen soll. Schon gar nicht am hellen Nachmittag“, stellt Dettling klare Regeln auf und hebt hervor: „Damit wir uns gegenseitig keine Konkurrenz machen, waren wir auf den Jugendring zugegangen. Unser Interesse war, den ’Jugendcafé-Tag’ so zu legen, dass nicht gleichzeitig im Jugendring ein ähnliches Angebot stattfindet. Wir müssen uns ja nicht bei den ohnehin knappen Angeboten auch noch gegenseitig das Wasser abgraben. Das Ende vom Lied: Wir hatten uns auf den Mittwoch geeinigt. Kurz darauf hat der Jugendring kommentarlos seinen ’Chill-Nachmittag’ von Donnerstag auf Mittwoch verlegt. Das muss man nicht verstehen.“
Fast ein Jahr nach der Eröffnung lädt der Kulturklub Reichenbach nun zu seinem ersten Sommerfest ein. Jeweils ab 14.00 Uhr präsentieren sich am 17. und 18. Juni Gastronomie, Mitmachstände und Musikanten, es gibt einige Vorführungen. Am 17. Juni gibt es um 17.00 Uhr zudem die Filmpremiere: „Kultur macht ‚Ooh‘ und manchmal auch ‚Oje‘“ – ein Dokumentarfilm, natürlich von Jürgen Dettling, der überhaupt erst über ein Filmprojekt aus dem Südwesten Deutschlands nach Reichenbach gefunden hatte und hier nun richtig angekommen ist. Um 18.00 Uhr folgt der Auftritt der Reichenbacher Band „Urinstein“. Ab 20.00 Uhr geht es weiter mit Musik vom DJ plus „feinen Häppchen aus aller Welt“. Am 18. Juni darf man sich auf die Damen des Cactus-Club-Ensemles – „feinstes Schubidubi aus den 20er bis 60er Jahren“ – so die Ankündigung – sowie A Capella und Klavierbegleitung und danach gemütliches Beisammensein mit Wiederholung des Films sowie Rest’l-Essen – wenn noch was da ist – freuen. Der Eintritt ist an beiden Tagen frei.
Dass im Klub nicht nur gefeiert oder allein Geselligkeit gepflegt wird, beweist der 23. Juni. „Kennen Sie den Unterschied zwischen Märchen und Sagen?“, fragt der Kulturklub dann um 18.00 Uhr und wird dabei regional: Wissen Sie, was es mit der Wundererle in Mengelsdorf auf sich hat oder mit der Karasek-Höhle bei Spitzkunnersdorf? Hans-Jürgen Scheibe weiß es, und noch viel mehr. „Eine Sage“, sagt er, „hat einen historischen Kern. Sie beruht auf Tatsachen, die im Laufe vieler Jahre durch Mund- zu- Mund-Überlieferung immer fantastischer wurden. Die Oberlausitz steckt voller sagenumwobener Ereignisse und wundersamer Gestalten“. Zwischendurch liest Lehrerin Fanny Richter aus Mengelsdorf aus dem Buch „Sagen der Oberlausitz für Schule und Haus“. Wie man sieht – es lohnt sich also auch für Nichtreichenbacher Programmankündigungen des Klubs in dessen Facebookprofil stetig im Auge zu behalten.