Vom wundersamen Völkchen der Oberlausitzer
"Ein wunderliches Völkchen" wirft manch kuriosen Blick auf die Region Foto: Till Scholtz-Knobloch
Region. Das Buchangebot über die Geschichte der Oberlausitz ist um einen Titel reicher. "Ein wunderliches Völkchen - Mord, Totschlag, Zank und Streit und andere wundersame Geschehnisse aus oberlausitzischen Städten und Dörfern", heißt eine von Gottfried Blumenstein herausgegebene Neuerscheinung.
Dass der 1724 in Budissin (Bautzen) geborene August Gottlieb Meissner in der deutschen Literaturgeschichte als der Begründer der Kriminalerzählung gilt, kommt nicht von ungefähr. Immerhin ist er aufgewachsen und wurde sozialisiert in der Region zwischen Neiße, Spree und Schwarzer Elster, die eine äußerst bewegte, aber eben auch sehr gewalttätige Geschichte durch die Zeiten erlebt hat. Da nimmt es nicht wunder, dass ein aufmerksamer Beobachter des oberlausitzischen Ach und Weh, der zudem ein großes Talent zum Schreiben hatte, zur Feder griff und von Mordbrennern, Messerstechern, Giftmischern und anderen Unholden in seinen Erzählungen zu berichten wusste.
Vorliegende Geschichtensammlung, darunter auch eine von Meissner daselbst, die sich zumeist aus alten Gerichtsakten speisen, reflektieren die Geschehnisse dieser Region zwischen dem 15. bis 19. Jahrhundert und zeichnen ein facettenreiches Bild einer Gesellschaft, die nie zu Ruhe kam, sondern die sich in stetem Wandel befand und zwischen Gut und Böse hin und her taumelte. Einzigartig in deutschen Landen war, dass neben den Deutschen der größere Teil der Bevölkerung in der Lausitz eben slawischen Herkommens war, also Wenden (Sorben) waren, die sich wahlweise mal einem repressiven und gelegentlich aber auch lauen Germanisierungsdruck ausgesetzt sahen.
Einzig das in Oberlausitzer Publikationen oft anzutreffende teilweise Defizit von Beschreibungen aus dem preußisch-schlesischen Teil der Oberlausitz ist als kleiner Makel auch in diesem Buch festzustellen.