Von Südafrika in das beschauliche Herrnhut

Die 19-jährige Raylene Williams aus Südafrika hat sich mittlerweile in der idyllischen Kleinstadt Herrnhut recht gut eingelebt. | Foto: Steffen Linke
Herrnhut. Für diese junge Frau hat sich das Leben total verändert. Die Südafrikanerin Raylene Williams absolviert seit dem 2. Februar im Rahmen des „Ökumenischen FreiwilligenProgramms“ (ÖFP) ein Praktikum in der Johann-Amos-Comenius-Schule der Stiftung Herrnhuter Diakonie. Ihr Einsatz dauert ein halbes Jahr.
Die Entfernung zwischen ihrer Heimat und Herrnhut beträgt per Luftlinie circa 8.900 Kilometer bzw. etwa 13 Flugstunden. „Als ich losgeflogen bin, herrschten bei uns zu Hause circa 25 Grad“, berichtet sie. In Herrnhut dagegen sei es damals schon sehr kalt gewesen. Die 19-Jährige hat sich für dieses Austauschprogramm als eine Antwort auf ihr Gebet entschieden. Für Raylene war es eine große Umstellung, aus einer sehr belebten, turbulenten Stadt in Südafrika ins beschauliche Herrnhut zu wechseln, „weil ich hier nicht so viele Menschen um mich hatte. Jetzt gefällt es mir aber viel besser als am Anfang, da ich mittlerweile nicht mehr in der Praktikantenwohnung, sondern in einer Familie untergebracht bin.“
Wenn Raylene etwas nicht versteht, verständigt sie sich mit ihren neuen Mitmenschen in Englisch oder nimmt Hände und Füße zu Hilfe. Ihre Heimatsprache Afrikaans hat ihre Wurzeln im Niederländischen des 17. Jahrhunderts. Sie lernt aber eifrig deutsch – unter anderem bei einem Anfängerkurs an der Volkshochschule. Sehr schwer fallen ihr die Artikel. „Die Menschen leben hier völlig anders als bei uns“, sagt sie. Die Champignons schmecken ihr aber deutsch zubereitet besser als zu Hause.
Raylene betreut während ihrer Zeit in Herrnhut unter anderem Schülerinnen und Schüler der Johann-Amos-Comenius-Schule und nimmt am Schulalltag teil. Sie sammelt dabei neue Erfahrungen, insbesondere bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit einem besonderen Förderbedarf im Bereich der geistigen Entwicklung. Darüber hinaus beteiligt sich Raylene auch am Gemeindeleben der Evangelischen Brüdergemeine Herrnhut. „Ich bin im Bläserchor und in der Jungen Gemeinde aktiv“, sagt sie. Beim Kantor nimmt sie Keyboardunterricht und lernt auch Gitarrenspiel. „Meine erste Freundin, die ich hier kennengelernt habe, ist eine Praktikantin aus Kanada gewesen“ erzählt sie.Ihr Einsatz basiert auf dem „Ökumenischen FreiwilligenProgramm“ der Evangelischen Mission in Solidarität.
Das ÖFP ermöglicht das Kennenlernen der weltweiten Kirchenarbeit und Kultur des Gastlandes, mit dem Ziel, die gesammelten Erfahrungen in der Gemeindearbeit weiter zu vermitteln. Dazu nehmen Kirchen und Einrichtungen weltweit junge Freiwillige zwischen 18 und 28 Jahren auf und bieten ihnen entsprechende Hospitationsmöglichkeiten. Raylene selbst hat die Region auch schon touristisch erkundet, war zum Beispiel in Zittau, Bautzen, Görlitz und Polen: „Die alten Gebäude, historischen Stadtzentren, Schlösser und Burgen haben mich sehr beeindruckt. So etwas gibt es bei uns zu Hause nicht.“
Am Anfang hatte sie großes Heimweih. „Es ist mittlerweile etwas besser geworden. Ich merke aber, dass ich es noch nicht ganz überstanden habe. Die Sehnsucht nach zu Hause kommt wieder durch“, sagt sie. Kontakt zu ihrer Familie und zu Freunden in der Heimat hält sie fast täglich über die sozialen Netzwerke: „Ich werde immer wieder gefragt, wie es mir geht, was ich hier für Erfahrungen sammele und was ich so mache. Wenn ich mich nicht melde, stauen sich gleich viele Nachrichten auf dem Handy an.“
Nach ihrem Austauschprogramm wird sich Raylene im August einen Monat zu Hause wieder eingewöhnen. Dann ist sie bis Dezember in einer ähnlichen Einrichtung wie hier in Herrnhut in Heleen in Südafrika. „Der Dezember gehört meiner Familie. Danach fange ich an zu studieren“, blickt sie nach vorn. Die 19-Jährige möchte Lehrerin werden. Doch soweit ist es noch nicht. Jetzt freut sich Raylene erst einmal auf die wärmere Jahreszeit in Deutschland.