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Was uns Bismarck noch heute mitgeben kann

Was uns Bismarck noch heute mitgeben kann

Arno Kunath möchte helfen, das Bismarckdenkmal (im Hintergrund) auf der Landeskrone zu retten und trommelt derzeit daher Unterstützer zusammen. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Die Landeskrone ist der traditionelle Ausflugsort der Görlitzer, bereitet aber touristisch manche Sorgen. Vor allem das im schlechten Zustand befindliche Bismarckdenkmal hat wenige einflussreiche Fürsprecher. Ein neuer Verein will nun Druck für seinen Erhalt aufbauen. Denn auch die Stadt zeigt sich auf Anfrage nicht überzeugend interessiert.

 

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Am 30. Juli rief Arno Kunoth anlässlich des 123. Todestages Otto von Bismarcks vom Denkmalsockel im Hintergrund zur Gründung eines Vereins zur Monumentrettung auf. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Görlitz. Keinem anderen deutschen Politiker sind so viele Denkmale gewidmet wie Otto von Bismarck, der als Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes von 1866 bis 1871 die deutsche Einheit – wenn auch unter Ausschluss Österreichs – 1871 mit dem Beitritt Badens, Bayerns und Württembergs vollendete und von 1871 bis zu seiner Abdankung 1890 im Streit mit dem nationalüberheblichen Kaiser Wilhelm II. dann auch Reichskanzler war.
Bismarck sollte Recht behalten: „Zwanzig Jahre nach dem Tode Friedrichs des Großen kam Jena, und zwanzig Jahre nach meinem Ableben wird Deutschland zusammenbrechen, wenn es weiter so regiert wird“, sagte der am 30. Juli 1898 verstorbene Kanzler, der an Regierungsjahren Helmut Kohl und Angela Merkel weiter übertrumpfen wird. Er nahm damit den Zusammenbruch von 1918 punktgenau als Ausgangspunkt des sich anbahnenden deutschen Kulturbruchs vorweg.

Und so trafen sich am 30. Juli 2021 zum 123. Todestag Bismarcks wie jedes Jahr zu seinem Geburts- und Todestag Anhänger, die an den zeitlosen Weitsichten Bismarcks Gefallen finden und zumindest das Denkmal vor dem nächsten schleichenden Niedergang bewahren wollen.

Der Görlitzer Arno Kunath kündigte in seiner Ansprache vor gut zwei Dutzend Mitstreiter an: „Wir werden in der zweiten Augusthälfte einen Verein gründen, der helfen soll das Denkmal zu bewahren.“ So plane man zunächst den Kirschbaum zu entfernen, der sich an der Spitze ausbreitet und droht das Denkmal von oben aufzusprengen. Auch für Spenden will der Verein werben, zu dessen Gründungskomitee neben Kunath Karin Pavel aus Zentendorf, Klaus Peter Duschek aus Görlitz und Jürgen Haupt aus Jänkendorf gehören.

Der Niederschlesische Kurier erfragte vor diesem Hintergrund bei der Stadt Görlitz, wie sich diese die Zukunft von Denkmal und Umfeld vorstellt.

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Ein Kirschbaum macht sich auf der Spitze des Denkmals immer breiter und droht dieses zu sprengen. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Der NSK fragte: „Welche Zukunft sieht die Stadt für das Bismarckdenkmal? Sind Erhaltungsmaßnahmen in der Diskussion/Vorbereitung oder ist vorab die Rolle des Denkmals erst einmal auszudiskutieren und falls ja in welcher Form? Gibt es dabei eine Haltung zur Botschaft des Bismarckdenkmals heute oder liegt die Frage alleinig in dessen kulturhistorischer Bedeutung?“

Aus dem Rathaus heißt es dazu: „Wir sehen das Bauwerk als historisches Zeitzeugnis. Es steht als Einzeldenkmal innerhalb der Sachgesamtheit Landeskrone unter Denkmalschutz. Es wurde in dieser Eigenschaft auch vor circa 25 Jahren baulich gesichert. Derzeit sind keine weiteren Erhaltungsmaßnahmen geplant.“

Und da Bismarck gegen den Trend seiner Zeit bereits eine ökologische Haltung besaß – er sagte: „Ein Mensch, der die Natur nicht liebt, ist mir eine Enttäuschung, fast mißtraue ich ihm.“ – lag die Frage nahe, auch das Konzept für das gesamte Erscheinungsbild der Landeskrone zu erfragen, insbesondere auch im Hinblick auf die bei Anlage der Stadt in der Gründerzeit so wichtigen Sichtachsen. Die Stadt meint hierzu: „Alle Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen auf der Landeskrone bewegen sich im Spannungsfeld von Denkmalschutz, Naturschutz und Nutzung durch Menschen aus der näheren Umgebung und Touristen. Die aus dem Status Naturschutzgebiet resultierenden Auflagen lassen nicht alle Maßnahmen zu, die im Hinblick auf ein bestmögliches Angebot für Naherholung und Tourismus vielleicht wünschenswert sind. Sichtbeziehungen von und zum Gipfel bzw. zum Bismarckturm können auf Grundlage von Abstimmungen mit Denkmalschutz und Naturschutz partiell freigehalten werden. Maßnahmen unterliegen der Genehmigungspflicht.“

Oder sarkastisch mit Bismarck selbst gesprochen: „Wenn man sagt, dass man einer Sache grundsätzlich zustimmt, so bedeutet es, dass man nicht die geringste Absicht hat, sie in der Praxis durchzuführen.“ Speziell auf die Wiederherstellung einer Sichtachse zum Dom Kultury (Ruhmeshalle) angesprochen heißt es jedoch ganz ehrlich: „Aus planerischer Sicht nicht.“ Dies kann im Hinblick auf die grenzüberschreitenden Kultur-Erbe-Tage sicher als Enttäuschung gewertet werden.

Arno Kunath sieht aber aus eben diesen Gründen auch Handlungsbedarf. „Es ist doch alles eine Frage der Zeit. Ich muss jetzt einfach tätig werden, weil mich mein eigenes Gewissen drückt“, sagt er zur Arbeit, die mit einem Erhaltungsverein unweigerlich auf ihn zukommen wird und zitiert den Mann, der uns vor 150 Jahren die erste deutsche Einheit schenkte: „Leisten wir uns den Luxus, eine eigene Meinung zu haben.“

Er und seine Mitstreiter blättern weiter in den vielen Botschaften, von der sich die Politik heute noch vieles abschauen kann. Die schönste scheint ihren Ewigkeitsanspruch nie zu verlieren: „Die erste Generation verdient das Geld, die zweite verwaltet das Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt vollends.“

„Mir ist schon bewusst, dass ich mit Bismarck nicht im Trend der Zeit liege, aber wie sagte schon Bismarck: „Ich kann die Achtung aller Menschen entbehren, nur meine eigene nicht.“

Arno Kunath freut sich über weitere Gründungsmitglieder, die unter seiner Telefonnummer 0173/9445325 Kontakt zu ihm aufnehmen.

Till Scholtz-Knobloch / 07.08.2021

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