Weltraumforschung in der Oberlausitz soll die Struktur wandeln
Der Protagonist und sein Fürsprecher: Gründungsdirektor Prof. Günther Hasinger (li.) und Domowina-Vorsitzender Dawid Statnik setzen sich für das DZA-Astrolabor ein. Foto: Archiv
Die Entscheidung ist gefallen: Das Deutsche Zentrum für Astrophysik kann sein unterirdisches Labor in der Gemeinde Ralbitz-Rosenthal errichten. Das hat weit reichende Konsequenzen.
Ralbitz-Rosenthal. Das hatten sich die Bewohner von Cunnewitz vor drei Jahren bestimmt noch nicht träumen lassen, dass ihr kleines sorbisches Dörfchen einmal zum Standort eines bedeutenden astrophysikalischen Forschungsprojektes würde. Mit der Entscheidung der Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger sowie der Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt, Michael Kretschmer und Rainer Haseloff, dem Deutschen Zentrum für Astrophysik den Zuschlag für das in der Lausitz vorgesehene Großforschungszentrum zu erteilen, rückt diese Vision nun in greifbare Nähe. Denn damit ist der Weg frei dafür, dass aus der bisherigen Probebohrung im Lausitzer Granit ein unterirdisches Forschungslabor entstehen kann.
Entsprechend groß ist die Euphorie beim Projektträger, dem Deutschen Zentrum für Astrophysik (DZA): „Dank dieser Entscheidung entsteht ein nationales Großforschungszentrum mit internationaler Strahlkraft, das ressourcensparende Digitalisierung vorantreibt, neue Technologien entwickelt, für Transfer sorgt und Perspektiven für die Region schafft – fest verwurzelt in der sächsischen Lausitz“, teilt das Institut mit. Das Städtedreieck Kamenz-Bautzen-Wittichenau – der endgültige Standort kann auch außerhalb der Gemeinde Ralbitz-Rosenthal liegen – ist dabei neben Görlitz einer von zwei Standorten:
„Die einzigartigen seismographischen Bedingungen im Granitgestein der Lausitz wird das DZA für seine Forschung und Entwicklung neuer Geräte nutzen. Hier soll in einem Bereich zwischen Hoyerswerda, Bautzen und Kamenz ein Untergrund-Forschungslabor, das Low Seismic Lab, entstehen, das auch für Industrieanwendungen, etwa die Entwicklung von Quantencomputern, zur Verfügung steht“, so Gründungsdirektor Professor Günther Hasinger.
Die Projektinitiatoren waren im Vorfeld transparent und offen auf die Bevölkerung zugegangen und hatten sich auch deren Fragen und Befürchtungen gestellt. Beispielsweise der Befürchtung, dass die künstlich angelegten unterirdischen Hohlräume und Gänge unter Umständen als Endlager für Atommüll in Betracht kommen könnten. Mit der Entscheidung für das Astrolabor dürften diese Sorgen nunmehr hinfällig sein, denn: „Wenn wir unser unterirdisches Labor bauen, kann in der Umgebung kein Atommüllendlager entstehen“, versicherte Prof. Hasinger unmittelbar nach der Entscheidung in einem Rundfunkinterview. Dies bedeute allerdings nicht, dass das Lager nicht „irgendwo anders in der Lausitz“ errichtet werden könne.
Die Reaktionen aus Politik und Gesellschaft auf die Entscheidung für das DZA fielen überwiegend positiv bis euphorisch aus. So erklärt der Vorsitzende des Domowina Bund Lausitzer Sorben e.V., Dawid Statnik: „Das ist ein großer Erfolg für die Lausitz und besonders für die sorbische Region. Wir erwarten einen wichtigen Standort der neuen Großforschungseinrichtung mit globaler Bedeutung innerhalb des sorbischen Siedlungsgebietes. Unsere Jugend freut sich auf vielfältige attraktive Berufsperspektiven. Das DZA bietet unserem ländlichen Raum Angebote, die qualifizierte junge Menschen bisher in weit entfernten Metropolen gesucht haben.“ Statnik verweist auf die 130 sorbischen Dörfer, die in den Braunkohlengruben der Lausitz verschwunden sind: „Wir sind bereit, unsere Chancen mutig zu nutzen, und begrüßen auch internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unserer Heimat – und ihre Kinder in sorbischen Kindergärten und Schulen!“
Der Bautzener Landrat Udo Witschas hatte sich im Vorfeld allerdings eine andere Entscheidung gewünscht: Er warb dafür, dem Lausitz Art of Building (LAB), einem Forschungszentrum für klimafreundliches und ressourcenschonendes Bauen, den Zuschlag zu erteilen.
„Auch wenn die anderen Projekte im Wettbewerb durchaus ihren Reiz haben und die Region voranbringen würden – mit dem LAB werden schneller Ansiedlungen ermöglicht und Arbeitsplätze auch in der Produktion geschaffen“, hatte Witschas erklärt.
Die Initiatoren des LAB haben zwischenzeitlich angekündigt, nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten für ihr Projekt suchen zu wollen.