Wenn der Pfleger aus Vietnam kommt
Auch ihre Erfahrungen könnten helfen: Hong Nhung Nguyen hat die Anpassungsqualifizierung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin absolviert und arbeitet jetzt in der Helios-Schlossklinik Pulsnitz. (Archivfoto)
Obwohl bereits als Pflegekräfte ausgebildet, bedürfen die Vietnamesen noch einer intensiven Unterweisung. Foto: IBZ
Ein Modellprojekt soll Fachkräfte aus dem asiatischen Land nach Ostsachsen locken. Dafür werden Mentoren zur Alltagsbegleitung gesucht.
Region. Die Schere geht immer weiter auseinander: Einer stetig steigenden Anzahl von pflegebedürftigen Personen stehen künftig immer weniger junge Menschen gegenüber, die einen Pflegeberuf ergreifen. „Auch wir werden das System nicht retten“, meint Tinko Fritsche-Treffkorn. „Aber vielleicht kann unsere Initiative einen Beitrag zur Entschärfung der Situation leisten.“
Gemeinsam mit der Stiftung Internationales Begegnungszentrum St. Marienthal (IBZ) will die DPFA Akademiegruppe GmbH, deren Görlitzer Regionalmanager Tinko Fritsche-Treffkorn ist, ausgebildete Pflegefachkräfte aus Vietnam nach Deutschland holen. In der Pilotphase sollen 15 bis 20 Pflegerinnen und Pfleger aus dem asiatischen Land im September 2019 eine dreijährige Ausbildung in Görlitz und/oder Zittau (wo genau steht noch nicht fest) absolvieren, um danach in ostsächsischen Pflegeeinrichtungen zu arbeiten. „Es handelt sich dabei um eine grundständige Ausbildung zum Altenpfleger. Dies ist nötig, da sich die pflegerischen Ansätze in beiden Ländern sehr stark unterscheiden“, erläutert Dr. Mathias Piwko, der das Projekt vonseiten des IBZ Marienthal betreut. Pflege in Vietnam bedeute fast ausschließlich Pflege im Krankenhaus – die Altenpflege erfolgt in der Regel durch die Angehörigen.
Bevor die jungen Vietnamesen nach Deutschland kommen, muss noch eine ganze Menge Vorarbeit geleistet werden. So erhalten die Bewerber – „an ihnen besteht kein Mangel“, wie Tinko Fritsche-Treffkorn versichert – zunächst in ihrer Heimat grundlegende deutsche Sprachkenntnisse. Gleichzeitig startet im Herbst dieses Jahres in Deutschland ein Programm zur Gewinnung von Mentoren, die die Alltagsbegleitung übernehmen sollen. „Wir trennen die fachliche Betreuung, die den Praxisanleitern in den jeweiligen Einrichtungen obliegt, von dieser Aufgabe“, betont IBZ-Direktor Dr. Michael Schlitt. Die Mentoren sollen fest im gesellschaftlichen Leben verankert sein, um ihren „Schützlingen“ möglichst gut durch die Klippen des Alltags in der fremden Kultur helfen zu können. Sie erhalten Trainings zur interkulturellen Kommunikation, zum Konfliktmanagement sowie spezifische Kenntnisse der vietnamesischen Kultur und Geschichte.
Wenn die jungen Vietnamesen dann im Herbst 2019 ihre Ausbildung beginnen, haben sie eine für fünf Jahre gültige Arbeitsgenehmigung in der Tasche. Nach Abzug der dreijährigen Ausbildung verbleiben noch zwei Jahre – ist das nicht ein bisschen wenig?
„Die Verlängerung stellt kein Problem dar, stehen doch die Pflegeberufe auf der Positivliste der Tätigkeiten, die in Deutschland benötigt werden“, meint Michael Schlitt. Angestrebt werde eine langfristige Zusammenarbeit.
Das IBZ Marienthal und die DPFA betreten mit ihrem Projekt kein totales Neuland. So beendeten im vergangenen Jahr – ebenfalls von der DPFA betreut – zwölf junge vietnamesische Pflegefachkräfte in Dresden erfolgreich eine eineinhalbjährige Anpassungsqualifizierung zum Gesundheits- und Krankenpfleger. Ein Teil von ihnen arbeitet seitdem in der Helios-Schlossklinik Pulsnitz, die anderen in Dresden. „Sie sind alle noch da“, weiß Tinko Fritsche-Treffkorn. Das heißt aber nicht, dass es keine Probleme gibt: „Der Rassismus in Teilen der Gesellschaft macht sich auch hier bemerkbar“, so der DPFA-Regionalmanager. Die Erfahrungen aus Pulsnitz und Dresden sollen helfen, auf derartige Erscheinungen vorbereitet zu sein und ihnen zu begegnen – dasselbe gilt aber auch für die Spannungen und Reibereien, die im alltäglichen Zusammenleben auftreten.
Die Gefahr, dass es – wenn das Projekt Schule machen sollte – zu Engpässen auf dem vietnamesischen Pflegemarkt kommen könnte, sehen die Protagonisten nicht: „Vietnam hat einen großen Überhang an jungen Menschen, für die auf dem heimischen Arbeitsmarkt kein Platz ist. Und was die Pflege in der Familie anbelangt, können wir vielleicht noch einiges von Vietnam lernen“, betont Michael Schlitt.
Kommentare zum Artikel "Wenn der Pfleger aus Vietnam kommt"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Ja klar - 5 Jahre Arbeitserlaubnis und danach hat der Mohr seine Schuldigkeit getan und kann wieder gehen - wenn die Verantwortlichen keinen Bedarf mehr sehen oder sonst jemand vom Amt seinen Daumen senkt. Die vitnamesischen Menschen müssen also auf die eigene Gestaltung ihres Lebens verzichten. Und dann noch “Mentoren” - bindet denen doch gleich ein Halband mit Kette um... Das ist nahe am Menschenhandel und gehört angezeigt - ist aber typisch für die Zustände in der Sachsen-DDR! Diese Pflegekräfte haben ein unbegrenztes und unwiderrufliches Aufenthalts- und Arbeitsrecht zu bekommen! Die Verantwortlichen sollten mal überlegen was sie da eigentlich tun!!