Wird man sich auch unser erinnern?
Museumsdirektorin Dr. Agnieszka Gasior gratuliert ihrem Landsmann Piotr Romanowski. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Görlitz/Reichenstein (Zloty Stok). „Piotr hat sich mit Leib und Seele der Heimatforschung verschrieben. Ich erlebe ihn immer wieder als höchst engagierten Menschen mit vielen Ideen“, betont Josef Bögner aus dem westfälischen Bad Oeynhausen. Der am 2. Mai 1945, wenige Tage vor Kriegsende in Kreis Frankenstein geborene Vorsitzende der Bundesheimatgruppe Kreis Frankenstein (Zabkowice Slaskie) kann als Schriftleiter der Frankenstein-Münsterberger Rundschau immer wieder auf neue historische Forschungsergebnisse von Piotr Romanowski bauen. Diese sind so intensiv und ergiebig geworden, dass die Landsmannschaft Schlesien nun erstmals das Schlesierkreuz an einen Polen, eben Piotr Romanowski, vergeben hat.
Erstes Schlesierkreuz für einen Polen überhaupt
Und so erlebte das Schlesische Museum zu Görlitz am Dienstag erstmals eine solche landsmannschaftliche Vergabezeremonie. Dort, wo auf hoher wissenschaftlicher Ebene die Zusammenarbeit schon lange vorgelebt wird. Piotr Romanowski versteht, dass dies an der Basis noch nicht alltäglich geworden ist. „Die Erlebnisgeneration in Polen geht der deutschen Geschichte meist noch aus dem Weg“. Er wolle jedoch wissen, was seine Region für eine Geschichte habe.
In seiner Heimatstadt Reichenstein – polnisch Zolty Stok – hat er mit Elzbieta Szumska vor allem Erinnerung an den Gold- und Arsenikbergbau und die ehemals deutschen Einwohner zusammengetragen. Elzbieta Szumska hat ihrerseits eine Ehrung bereits hinter sich. Sie erhielt im September in Prag den Europaen Heritage Award 2022 und freute sich nun in Görlitz mit Romanowski, dass dessen reiches publizistisches Wirken bei den Alt-Reichensteinern so gut ankommt. Josef Bögner bekannte in seiner Laudatio ehrfurchtsvoll:
„In seinem 2018 erschienen Buch ’Reichenstein, unvergessene Heimat, 30 Jahre danach’ schreibt er: Das Berühren der polnisch-deutschen Geschichte ist wie das Betreten von brüchigem Eis, besonders dann, wenn man über die Zeit des Zweiten Weltkrieges sprechen will... Reichenstein war 700 Jahre deutsch und erst seit 70 Jahren polnisch, und es scheint uns, dass es immer so sein wird. Aber wer kann das garantieren? Wie uns die Geschichte Schlesiens und Europas zeigt, werden die Staatsgrenzen wahrscheinlich eines Tages wieder verschoben. Unser Land wird seinen Besitzer wechseln und Zloty Stok wird nicht mehr polnisch sein. (...) Es wäre auch unser Wunsch, dass sich jemand eines Tages um die Geschichte unseres Volkes in diesem Land kümmert, damit die Erinnerung an uns gepflegt und wir nicht aus der Geschichte ausradiert werden.“
Initiative zu Ausgrabungen
Piotr Romanowski gelang 2012 die Entdeckung eines mittelalterlichen Erzverhüttungsplatzes. Auf seine Anregung hin erfolgten Grabungen, die wichtige Zeugnisse der ehemaligen Reichensteiner Porzellanmanufaktur zu Tage förderten. Er war maßgeblich an der Freilegung der verschütteten ehemaligen Arsenik-Eisen-Heilquelle beteiligt. Unter seinen Buchveröffentlichungen beschäftigt sich eine mit der Familie Güttler, die wichtige Erkenntnisse für die Geschichte der schlesischen Montanindustrie insgesamt bedeutete.