Wofür Pulsnitz einen Blauen Salon braucht
Betreiberin Cordula Reppe erklärte hier den Besuchern bei einem früheren Tag der offenen Tür die Handhabung der Blaudruck-Models. Foto: Archiv
Setzen sich gemeinsam für die Zukunft des Blaudrucks ein: Bürgermeisterin Barbara Lüke, Studioinhaberin Anne Hasselbach, Claudia Muntschick („Kreatives Sachsen“) und Werkstatt-Betreiberin Cordula Reppe (v.l.n.r.). Foto: Franziska Kleemann
Pulsnitz. „Wir lassen lieber die Tür ein wenig offen. Der Geruch kann anstrengend sein. Ich selber habe mich schon daran gewöhnt.“ Cordula Reppe ist um das Wohlergehen ihrer Besucher bemüht. Tatsächlich verströmt der Bottich (oder fachsprachlich Küpe), in den die Leiterin der Pulsnitzer Blaudruckwerkstatt die Stoffbahnen eintaucht, einen recht intensiven Duft. Hier soll das Leinen seine intensive blaue Färbung erhalten, welcher der Blaudruck seinen Namen verdankt – doch heraus kommen die Tücher in einem Farbton, der eher an einen sumpfigen Wiesentümpel erinnert.
„Schnell geht hier gar nichts. Blaudruck erfordert Geduld“, sagt Cordula Reppe und versenkt die Bahnen erneut. Erst nach Dutzenden dieser „Tauchgänge“, unterbrochen durch Trocknungsphasen an der Luft, nimmt der Stoff nach und nach die begehrte tiefblaue Färbung an.
Hin und wieder schlägt die Blaudruckerin mit einem Stock auf die Bahn, um Falten auszutreiben, denn nur so erreicht sie eine gleichmäßige Färbung. „Von dieser Tätigkeit leitet sich der alte Spruch her: ’Ich schlage dich grün und blau. Ursprünglich hieß es nämlich: Ich schlage grün zu blau.“
Der Blaudruck – 2016 von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe ernannt – hat in Pulsnitz seine traditionelle Heimat. Die hiesige Werkstatt ist die letzte verbliebene in der gesamten Lausitz und steht vor der Herausforderung des Generationenwechsels. Vor diesem Hintergrund hat die Stadt Pulsnitz gemeinsam mit mehreren Partnern ein Konzept entwickelt, um dieses seltene Handwerk für die Zukunft zu bewahren. In diesem Rahmen soll auf dem Gelände der Blaudruckwerkstatt unter der Bezeichnung „Blauer Salon“ ein mobiles, multifunktionales Klein-Gebäude als innovatives Zentrum für Handwerk und Kreativität entstehen.
„Der Blaue Salon soll als Anlaufstelle für Interessierte und mögliche Nachfolger dienen, die hier Theorie und Praxis dieses einzigartigen Handwerks auf höchstem Niveau erleben können. Der Blaudruck soll dabei beispielgebend – sozusagen eine ‚Blaupause‘ – sein, da das Nachfolgeproblem hier am drängendsten ist und der Verlust der Technik endgültig für die Oberlausitz wäre“, erklärt Hauptamtsleiter Valentin Stahl. Im Jahr 2025 feiere Pulsnitz sein 800-jähriges Jubiläum und wolle dabei zeigen, für was die Stadt steht und was sie auch in Zukunft noch ausmachen soll: „Der Reichtum und die Vielfalt des Handwerks leben in der Stadt Pulsnitz bis heute und prägen das Stadtbild. Bekannt ist Pulsnitz vor allem für seine Pfefferküchlereien und weiteres traditionelles Handwerk wie die Töpferei oder eben den Blaudruck“, so Valentin Stahl.
Der Blaue Salon muss laut dem Pulsnitzer Hauptamtsleiter eine Vielzahl von Funktionen erfüllen und gleichzeitig mit überschaubarem Personalaufwand nutzbar sein: „Die einzig verbliebene Blaudruckerin soll sich nicht um die Unterhaltung kümmern, sondern das tun, was sie am besten kann: Blaudrucken! Als Werkstatthaus und Aktionsraum soll der Blaue Salon zum selbstständigen praktischen Hand-Werkeln und zum Mitmachen in Workshops und Seminaren animieren. Gleichzeitig lädt ein digitaler Guide dazu ein, den Blaudruck interaktiv zu erleben – von den historischen Techniken bis hin zu modernen Anwendungsmöglichkeiten. Hier im Haus und mitten im Garten lässt sich darüber hinaus vielleicht auch einfach einmal ausgiebig ‚blau machen‘.“ Damit werde auch ein wichtiger Beitrag zur Stadtentwicklung und zur touristischen Attraktivität geleistet. Geplant ist die Integration des Blauen Salons in eine touristische Route, die die Städte Kamenz und Pulsnitz verbindet. Die Grundlage für die Einrichtung des „Blauer Salon“ bildet das Projekt „Blaupause – ein Modellprojekt für das Handwerk“, für das die Stadt Pulsnitz gemeinsam mit seinen Partnern im simul+Kreativ-Mitmachwettbewerb des Sächsischen Staatsministeriums für Regionalentwicklung (SMR) im Mai prämiert wurde. Für die Umsetzung des Projektes haben die Kooperationspartner aus Pulsnitz und der Region nun einen Kooperationsvertrag geschlossen. Dazu zählen neben der Stadt Puslnitz und der Inhaberin der Blaudruckwerkstatt, Cordula Reppe, das Studio Anne Hasselbach (Kamenz), das Studio Kniften (Dresden), der Kulturwissenschaftler Daniel Häfner sowie das Netzwerk Kreatives Sachsen. Die Eröffnung des Blauen Salons ist laut Hauptamtsleiter Valentin Stahl für das Jubiläumsjahr „800 Jahre Pulsnitz“ im Jahr 2025 angedacht.