Zittau bekommt ein Hanf-Zentrum
Die Leag lässt bereits versuchsweise Hanf nahe ihrer Tagebaue anbauen. Foto: Leag/Kathi Gerster
Vom Dreiländereck aus sollen der Anbau und die Nutzung der umstrittenen Pflanze forciert werden. Freunde eines gepflegten Joints haben davon aber nichts.
Zittau. In Zittau ist ein Kompetenzzentrum Hanf gegründet worden. Initiator ist die „Bundesvereinigung Nachhaltigkeit“, die damit nach eigenen Angaben einen Beitrag zur Strukturentwicklung leisten und „aufzeigen will, dass und wie mit Nachhaltigkeit für viele Branchen – von der Landwirtschaft bis zur Pharmaindustrie – Geld verdient werden kann.“ Die Standortwahl für Zittau fiel laut Vizepräsident Martin Wittau aufgrund möglicher Synergien mit der hiesigen Hochschule im Bereich Naturfaserforschung. Einen festen Standort hat das Zentrum noch nicht, laut Martin Wittau befindet man sich mithilfe der Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz noch auf der Suche innerhalb landkreiseigener Liegenschaften. Das Kompetenzzentrum versteht sich laut Selbstdarstellung als „zentrale Forschungs- und Entwicklungseinheit, die sich mit Pflanzenzucht, Produktentwicklung, Zertifizierung sowie Aus- und Weiterbildung und Forschung befasst.“
Ausgangspunkt war ein Werkstattgespräch über die Nutzung von Hanf als Baustein für den Strukturwandel in der Lausitz, das Anfang Dezember 2019 im brandenburgischen Proschim stattfand. Daraus bildete sich eine „ARGE Lausitz-Hanf“, die das Thema weiter vertiefen und in die Praxis überführen wollte. Nutzhanf ist dabei anhand seines geringeren Anteil an der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) klar von Marihuana zu unterscheiden. Hanf wurde bereits im Mittelalter als Heilmittel, aber auch zur Herstellung von Bogensehnen, Tauen und Segeln für Schiffe sowie als Papierzusatz genutzt. In Deutschland wurde der Anbau von Hanf 1929 verboten und erst 1996 unter strengen Auflagen wieder erlaubt. Heute wird Nutzhanf zur Herstellung von Papier, Textilien, Lebensmitteln (vor allem Öl), Baustoffen und faserverstärkten Kunststoffen genutzt. Nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bauten 2020 deutschlandweit 575 zertifizierte Betriebe auf 5362 Hektar Hanf an, was im Vergleich zu den Vorjahren eine deutliche Steigerung darstellte.
In der Lausitz gibt es laut einer von der Bundesvereinigung Nachhaltigkeit erarbeiteten Machbarkeitsstudie bislang nur ein einziges Projekt, bei dem der Anbau von Nutzhanf erprobt wird. Im Frühjahr 2020 ließ die Lausitz Energie Kraftwerke AG (LEAG) in der Nähe ihrer Tagebaue Reichwalde und Jänschwalde auf acht Hektar von regionalen Landwirtschaftsbetrieben drei Sorten Nutzhanf anbauen. 2021 erweiterte sich die Fläche auf 27 Hektar. Im Internetblog des Unternehmens erklärt Pressesprecherin Kathi Gerstner, dass es in erster Linie um das Sammeln von Erfahrungen geht. Dessen ungeachtet habe es das Hanföl „Lusatia Sativa“ bereits in mehrere Feinkostgeschäfte der Lausitz und Dresdens geschafft. Ziel sei die Errichtung einer Anlage zur Verwertung von Nutzhanf für verschiedene Industriezweige. Auch die Bundesvereinigung Nachhaltigkeit sieht im Hanfanbau „eine ideale neue Form landwirtschaftlicher Nutzung mit immenser Wirkkraft als CO2-Senke.“ Allerdings müsse es entsprechende Verarbeitungskapazitäten geben, die laut internationalen Erfahrungen nicht weiter als 80 Kilometer von den Erzeugerflächen entfernt sein sollten. Derzeit befinden sich die nächstgelegenen geeigneten Werke in der Uckermark und in Ostthüringen. Dennoch beschäftigen sich mehrere regionale Unternehmen bereits seit längerem mit Hanf, beispielsweise die Kokosweberei Hilger in Olbersdorf bei der Herstellung von Matten und die Görlitzer Hanf- und Drahtseilerei.
Kommentare zum Artikel "Zittau bekommt ein Hanf-Zentrum"
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Liebe Gemeinde, Sisal, Sisalseile, wer kennt die noch? Als Amerika das Plastik erfand wurde der Hanf verteufelt.