Zittau zeigt seine verborgenen Schätze
„Hier oben ein Café, das wäre doch ein Traum“ – dachte sich wohl so mancher Besucher angesichts der Terrasse am Haus Markt 9.
Rathaus, Fastentuch, Johanniskirche – Zittau hat in den offiziellen Reiseführern allerhand zu bieten. Doch einmal im Jahr ergeben sich noch ganz andere Gelegenheiten.
Zittau/Herrnhut. Der Tag des offenen Denkmals ist alljährlich eine gute Gelegenheit, sich einen Überblick zu verschaffen über den Stand aktueller Bauvorhaben an denkmalgeschützter Bausubstanz in Stadt und Land. Denn normalerweise ist es nicht so einfach, einen Blick hinter die Kulisse(n) zu werfen, wenn Bauzäune die Sicht versperren. Umso bereitwilliger nahmen die Zittauer und ihre Gäste ebenso wie die Bewohner und Besucher der umliegenden Orte die seltene Gelegenheit wahr. Auch der Oberlausitzer Kurier machte einige Stippvisiten.
Wie im Goldenen Brünnl
„Das ist ja hier wie im Goldenen Brünnl!“ Die ältere Dame kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus und fühlte sich an ihre früheren Besuche in Prag erinnert, während sie auf der Dachterrasse des Zittauer Hauses Markt 9 stand. Nun, auch dieses führt das Wort „golden“ in seiner volkstümlichen Bezeichnung, nämlich als „Goldene Sonne.“
Unter diesem Namen stellte der barocke Prachtbau das vornehmste Hotel von Zittau dar – und soll dies (oder doch zumindest eines der vornehmsten Hotels) wieder werden. Mit 30 Betten und Platz für die Tourist-Info des Naturparks Zittauer Gebirge soll es wieder einen Anlaufpunkt für die Gäste der Stadt Zittau und ihrer Umgebung bilden. Beim Tag des offenen Denkmals konnten die Besucher unter anderem die kunstvoll gestalteten Treppenaufgänge, die prachtvoll ornamentierten Zimmerdecken und vor allem seltene Ausblicke aus der Vogelperspektive auf Zittau genießen. „Hier oben ein Café, das wäre doch ein Traum“, um noch einmal die ältere Dame vom Anfang zu zitieren. Eine Attraktion wäre es in jedem Fall!
Im Kirchensaal gibt es nun vis-a-vis zur vertrauten Orgelempore auch wieder die Schwesternempore zu bestaunen.
Alles ohne Fördermittel
Aha-Effekte gab es auch in einem anderen berühmten Zittauer Gebäude zu bestaunen: Der Schauburg. Und zwar solche optischer wie auch akustischer Natur: Drangen doch aus dem hinteren Gebäudeteil an der Reitbahnstraße vertraute Klänge ans Ohr.
„Basket Case“ von Green Day, dargeboten von erstaunlich jungen Musikern, lockte die Passanten in die neu entstandenen Musikschul-Räume im westlichen Teil des früheren Lichtspieltheaters. Doch natürlich ist auch die wieder erstandene Visions-Bar (nicht nur) am Tag des offenen Denkmals einen Besuch wert. Immerhin – darauf wies ein Aushang eindrücklich hin – wurde dies alles in rein privater Initiative und ohne Fördermittel vollbracht.
Ebenfalls ohne Fördermittel entstand das berühmte Wandgemälde in der Aula des Johanneums – jenes Gebäudes des Zittauer Gymnasiums, das in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen feiert. Denn zwar war der damalige sächsische König Johann so huldvoll, der Schule die Nutzung seines Namens zu gestatten; Geld gab er für das monumentale Kunstwerk „Paulus predigt in Athen“, das Anton Dietrich im Auftrag der Zittauer Bürgerschaft 1878 schuf, jedoch nicht, wie Religionslehrer Adrian Dautz den Besuchern mit einem Schmunzeln berichtete.
Noch immer Baustelle
Nicht explizit zum Tag des offenen Denkmals, aber doch im Rahmen eines Familiengottesdienst ließ die evangelische Brüdergemeine Herrnhut einen Blick in die neu entstandene Pracht ihres Kirchensaals zu. Dort gibt es nun vis-a-vis zur vertrauten Orgelempore auch wieder die Schwesternempore, welche beim Aufbau nach dem verheerenden Brand von 1945 nicht wieder hergestellt worden war.
Der Innenraum erstrahlt nun wieder in einem leuchtend-reinen Weiß. Erneuert wurden auch Fenster, Fußboden sowie die technische Installation. Dass es sich beim Kirchensaal noch immer um eine Baustelle handelt, machen die offenen Kabelschächte an beiden Seiten deutlich.