Zur Schnupperstunde im Kreißsaal
Diese zwei jungen Frauen aus Ebersbach-Neugersdorf haben schon mehrmals im Krankenhaus in Ebersbach entbunden. Foto: privat
Das Klinikum Oberlausitzer Bergland lädt am Freitag, 2. August, um 18.00 Uhr, zur nächsten öffentlichen Kreißsaalbesichtigung am Standort Ebersbach ein. Treffpunkt ist im Veranstaltungssaal Kottmarblick im 1. Obergeschoss. Bei dieser Schnupperstunde herrscht jeden ersten Freitag im Monat in der Regel großer Andrang.
Ebersbach-Neugersdorf. Viele Paare warten gespannt auf die geführte Kreißsaalbesichtigung. Die werdenden Muttis haben ihren Partner mitgebracht und den Entschluss gefasst, ihr Baby im Klinikum Oberlausitzer Bergland am Standort Ebersbach zur Welt zu bringen. „Ich bin aus Görlitz und wusste gar nicht, dass man in Ebersbach auch Entbindungen anbietet. Mein erstes Kind kam woanders zur Welt. Ich hätte mir mehr Zeit für mich und das Baby gewünscht. Nach zwei Tagen wurde ich aber schon wieder entlassen, alles war hektisch und ein wenig lieblos. Ich habe schon die Geburtsvorbereitungskurse hier absolviert und werde mit meinem zweiten Kind auch hier entbinden“, sagt eine Frau.
Als die beiden Hebammen Anne Goldberg und Beate Hultsch – neben den weiteren sieben erfahrenen Beleghebammen Kerstin, Angelika, Elke, Ulrike, Mandy und Beate S. freiberuflich für das Klinikum am Standort Ebersbach tätig – die Anwesenden herzlich begrüßen, nehmen sie sich gern Zeit: Zeit für Fragen der werdenden Eltern, Zeit zum anschließenden Rundgang auf der Entbindungsstation und zur Präsentation der hochmodernen, aber dennoch an allen Bedürfnissen orientierten geburtshilflichen Verfahren des Kreißsaals, der ganz zentral im ersten Obergeschoss liegt.
Dort befinden sich die Gebärwanne, das klassische Gebärbett mit zahlreichen Hilfsmitteln, verschiedene Positionen, in denen sich die Entbindende wohlfühlen darf, ein CTG-Apparat mit mobilen kleinen Aufsätzen, die mobil per Telemetrie Herztöne und Wehenphasen messen.
In dem auf dem gleichen Flur neben den Räumlichkeiten befindlichen OP-Bereich greifen die Ärzte ein, falls ganz schnell eine Sectio, also ein klassischer Kaiserschnitt, gemacht werden soll oder muss.
Nichts erinnert hier mehr an die gefliesten, kalten sterilen Räume früherer Zeiten, alles mutet an wie in einem Schlafzimmer.
Der Kreißsaal ist ein kleiner schön pastellfarben eingerichteter Raum in intimer Atmosphäre, mit einfallendem Tageslicht und dem Blick ins Grüne, aber auch dimmbaren Lichtern, die eine heimelige Atmosphäre vermitteln. Man fühlt sich mehr wie in einem Wellnessbad als in einem Krankenhaus. Ganz wichtig: Die Frau soll selbstbestimmt entscheiden, nichts wird aufgezwängt. Und: Der Papa darf immer dabei sein, nicht nur beim Rundgang, sondern auch in allen Phasen der Geburt, wenn die Mama es möchte und nichts Medizinisches dagegenspricht. Nur im eiligen Falle und wenn die Gebärende eine Vollnarkose bekommt, muss der Kindesvater Rücksicht-, kann aber gleich das Neugeborene in Empfang nehmen, sonst darf er ständig an der Seite der Frau bleiben. Es gibt keine Glaswände oder andere Barrieren, um die Väter in ihre Schranken zu weisen – im Gegenteil: Die Familie wird als Einheit gesehen, menschliche Wärme, Liebe und Fürsorge stehen im Mittelpunkt, lautet das Credo.
Anne Goldbach, seit 2011 für das Klinikum in Ebersbach tätig, betont, dass an einem kleinen Krankenhaus mit den rund 400 Geburten pro Jahr niemand drängt, sondern Zeit für die Bedürfnisse der Eltern und des Kindes bleibt, die in größeren Einrichtungen mit hohen „Durchlaufraten“ verständlicherweise nicht mehr vorhanden ist. Auch ein weiterer Aspekt ist den werdenden Eltern wichtig: Die Hebamme unterstützt die Eltern bei allen bürokratischen Abläufen bis hin zur Anmeldung des Kindes und der Geburtsurkunde – heute längst nicht mehr selbstverständlich.
Auf der gleichen Etage wie der Kreißsaal und die umgebenden Räume, wie Vorbereitungsbad, Dusche und weitere kleine Zimmer, die den werdenden Eltern zur Verfügung stehen, befinden sich Station 9 und Station 10 für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – beide über Eck in unmittelbarer Nachbarschaft.
Hier sind Familienzimmer eingerichtet, bei denen der Partner nach der Geburt des Kindes mit übernachten kann. Dass die Mütter immer gemeinsam mit ihrem Kind untergebracht sind, ist genauso selbstverständlich, wie der unmittelbare Hautkontakt so rasch wie möglich nach der Geburt, selbst bei einem Kaiserschnitt, damit sich die Beziehung zwischen Mutter und Kind sofort festigen kann. Dass die Hebammen auch nach der Entbindung Besuche auf der Wochenstation machen, wird vielfach dankbar angenommen.
Bei den Kreißsaalbesichtigungen jeden ersten Freitag im Klinikum Ebersbach herrscht in der Regel großer Andrang. Foto: privat
Das auf Station 10 befindliche Neugeborenenzimmer steht zur Verfügung, wenn die Mütter sich ein wenig zurückziehen möchten oder Ruhe benötigen: Dann übernehmen die Schwestern das Kleine, um die Mutter zu entlasten. Es gibt nur Ein- und Zweibettzimmer, alle sind komfortabel ausgestattet und in angenehmen Farben nuanciert. Die leitende Schwester Esther Friebe und ihre Teams auf den beiden Stationen konnten das Design aussuchen und haben sich für freundliche Wandfarben, Ton-in-Ton auf das Mobiliar abgestimmt, Bilder und weitere Accessoires entschieden.
Und was sagen die beiden Hebammen dieses Abends, wie sie ihre Arbeit empfinden? Anne Goldberg: „Wir sind sehr stolz, diese bedeutenden Augenblicke im Leben der Eltern und der Kinder zu begleiten. Voller Glück sind die Momente, wenn die Mama ihr Kleines auf dem Arm hält. Jede Geburt ist anders, aber immer ein wertvolles Erlebnis – und die Anspannung für uns ist positiver Stress.“ Beate Hultsch lächelt, als sie sagt: „Meine Mutter war bereits Hebamme, und ich durfte schon als Jugendliche einmal bei einer Geburt dabei sein. Nun übe ich seit 34 Jahren diesen Beruf aus.“ Ihre Tochter ist ebenfalls Hebamme geworden: „Sie ist nach London gegangen, als vor Jahren in Deutschland gesagt wurde, ,dass wir keine Hebammen brauchen‘. Nun wird seitens der Krankenhäuser um jede Hebamme gerungen – dies ist eine unerfreuliche Folge dieser Entwicklung.“
Sie kam vor einem Jahr aus Bischofswerda nach Ebersbach, fühlte sich sofort aufgenommen, als sie im Gespräch mit Geschäftsführer Steffen Thiele und Chefarzt Jacek Glajzer war und die Vor-Ort-Begehung machte. Der Klinikleiter und langjährige Ärztliche Direktor am Klinikum ist gern, wenn es ihm möglich ist, bei den Kreißsaalbegehungen dabei: „Wir haben ein tolles Team und freuen uns sehr, dass so viele Menschen zu uns kommen, weil sie die Atmosphäre schätzen. Medizinische Kompetenz ist die Voraussetzung, aber Geborgenheit, Fürsorge und Nähe sind zugleich wichtig, wenn man mit und am Menschen arbeitet.“
Und lächelnd fügt er hinzu: „Wir Ärzte haben den zweitschönsten Beruf der Welt. Den schönsten haben die Hebammen.“