Zwei-Meter-Damm staut den Wasserstrich
Sorgenvoll schaut die Schwepnitzer Bürgermeisterin Elke Röthig auf den Biberdamm, der im Grüngräbchener Oberbusch den Wasserstrich anstaut. Foto: UM
Naturschutz und menschliches Wirken stehen oftmals in einem Spannungsverhältnis. So derzeit auch unweit des Schwepnitzer Ortsteils Grüngräbchen, wo ein tierisches Bauwerk für Verdruss sorgt.
Schwepnitz. Der Biber gilt gemeinhin als possierliches Tierchen. In der Königsbrücker Heide gibt es sogar einen nach ihm benannten Besucherpfad. Anderenorts sorgt sein Auftreten hingegen für Sorgenfalten, zum Beispiel bei der Schwepnitzer Bürgermeisterin Elke Röthig. „Der Biber fühlt sich in unseren heimischen Bachläufen und Teichen sehr wohl, was man derzeit vor allem in der Umgebung von Grüngräbchen beobachten kann“, berichtet sie. So befinden sich am Mittelteich nördlich des Schwepnitzer Ortsteils in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander zwei ansehnliche Haufen lose aufgeschütteter Äste, unter die sich auch kleine, bleistiftartig angespitzte Stammenden mischen: Burgen, in denen Meister Bockert, wie der Biber in der Fabel auch genannt wird, den Tag verschläft. In der Dämmerung hingegen wird er aktiv, frisst dünne Zweige, Knospen, Kraut und Rinde oder schleppt neues Baumaterial heran. Doch nicht nur das: „Zwischen Mittelteich und Lugteich hat der Biber den Damm unterhöhlt und gefährdet dadurch die Wasserhaltung in den für die Fischaufzucht genutzten Gewässern“, wie Elke Röthig weiter erklärt. Ein Minibagger und aufgeschüttete Haufen von Baumaterial künden davon, dass bereits Ausbesserungsarbeiten im Gange sind.
Einen knappen Kilometer weiter südlich zeigt sich noch eine weitere Facette des Wirkens der Nagetiere mit den langen, scharfen Zähnen und dem breiten, auch Kelle genannten Schwanz. Am Wasserstrich, der hier durch den Oberbusch in Richtung Grüngräbchen fließt, hat Meister Bockert einen fast zwei Meter hohen Damm errichtet. Hier zeigt sich besonders eindrucksvoll, wie nicht nur Menschen, sondern auch Tiere die Landschaft gestalten können: Oberhalb des ebenfalls hauptsächlich aus Ästen angehäuften Bauwerks hat sich das Flüsschen zu einem breiten, flachen See angestaut. Nur mühsam und in kleinen Rinnsalen bahnt sich das Wasser seinen Weg zwischen den Holzstücken hindurch oder an der Seite des Dammes entlang. „Es wird nicht lange dauern, dann haben wir das Wasser auch auf den Waldwegen“, befürchtet die Schwepnitzer Bürgermeisterin. Der Rückstau könnte sich im ungünstigsten Fall – bei anhaltenden starken Niederschlägen – bis zur nahe gelegenen Gärtnerei erstrecken. In diesem Zusammenhang glücklicherweise ist es in den letzten Tagen weitgehend trocken geblieben, doch dies stellt bekanntlich nur eine Momentaufnahme dar.
Doch noch eine weitere Sorge treibt die Schwepnitzer Bürgermeisterin um: „Unterhalb des Dammes befindet sich an der Schmiedekurve ein enger Durchlass für den Wasserstrich, wo sich im Falle einer Auflösung das treibende Holz verfangen und erneut einen Stau verursachen würde.“ Dann aber nicht mitten im Wald, sondern in der unmittelbaren Nähe der Grüngräbchener Wohnbebauung. Für die Beräumung wäre die Gemeinde selbst zuständig, da es sich beim Wasserstrich um ein Gewässer 2. Ordnung handelt. Das könnte passieren, wenn man sich mit einem Bagger an den Biberdamm heranwagt: „Der kann nicht das ganze Material auf einmal aufnehmen, es würde mit der Flutwelle mitgerissen.“ Eine Lösung des Problems ist noch nicht in Sicht. Der Biber steht unter strengem Schutz und der Damm befindet sich wenige Meter innerhalb des Naturschutzgebietes. Die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes Bautzen war laut Elke Röthig bereits mehrfach vor Ort. Eine kurzfristige Stellungnahme war dem Amt aufgrund personeller Unterbesetzung nicht möglich, diese wird hier nachgereicht, sobald sie vorliegt. Außerhalb des Schutzgebietes kann eine „Entnahme“ beantragt werden, außerdem verweist die Bürgermeisterin auf eine mögliche biologische Lösung: „Wir haben in Grüngräbchen auch Wölfe, und die machen Jagd auf Biber.“
Elke Röthigs Beobachtung, dass die Biber verstärkt aus dem Kerngebiet der Königsbrücker Heide in dessen Randgebiete wechseln, bestätigte bereits im vergangenen Jahr Dr. Jürgen Stein von der Schutzgebietsverwaltung: „Wir beobachten eine Verlagerung der bisherigen zentral gelegenen Reviere in geeignete Bereiche im Norden des Gebietes“, erklärte er damals. Der Druck durch den Wolf galt schon damals als einer der Gründe, denn Biber machten laut Dr. Stein acht Prozent der Wolfsnahrung im Schutzgebiet aus.