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Zwölf neue Windkraftanlagen unweit des Ostritzer Klosters?

Zwölf neue Windkraftanlagen unweit des Ostritzer Klosters?

Das könnten die Folgen sein – Blick vom Bergfrieden. Visualisierung: Thomas Göttsberger

Ostritz. Das Ostritzer Neißetal ist ein gern besuchtes, unbe-rührtes und idyllisches Naherholungsgebiet der Ostritzer. Unweit dieser Idylle, nämlich oberhalb der B 99 schlägt jetzt die Gegenwart – wenn es nach dem Willen der Karlsruher Firma Altus renewables GmbH, einer Tochterfirma der Stadtwerke Wiesbaden und Mainz, geht – voll zu. Denn die Firma Altus will dort zehn, eventuell sogar zwölf neue Windkraftanlagen im ehemaligen Klosterwald beziehungsweise im Stadtwald errichten. 

Man habe für das Gebiet eine Maximalplanung erstellt, so ein Firmenvertreter bei einer kürzlich stattgefundenen Bürgerinformationsveranstaltung in Ostritz. Maximal ist die Anzahl der Standorte, maximal ist die Höhe der Windräder. Man wolle dort die größten derzeit erhältlichen Anlagen mit einer Höhe von 285 Metern bauen. Zum Vergleich, der Eiffelturm ist 300 Meter hoch. Der Rotordurchmesser der Anlagen beträgt 172 Meter. Eine große Waldfläche wird auch für den Bau der Windenergieanlagen benötigt, nämlich rund 0,75 ha pro Anlage. Durch den Rückbau der temporären Montageflächen würde sich dieser Flächenverbrauch um 0,15 ha reduzieren, so die Firma. Aber die dort gefällten Bäume kommen so schnell nicht wieder! Der Durchmesser der Fundamente, die tief im Boden eingelassen werden, beträgt 25 Meter.

Öffentlichkeitsarbeit „unter dem Radar“

Wie überall in der Lausitz ist das Windanlagenthema auch in Ostritz hochumstritten. Schon die Anzahl der Besucher bei der Veranstaltung ließ ein gesteigertes Interesse erkennen. Nicht nur Ostritzer, sondern auch Bewohner aus der Umgebung, die durch diese Windräder beeinträchtigt werden, besuchten den Informationsabend. Eine Besonderheit gibt es in Ostritz, denn die örtliche und überörtliche Presse wurde über diese Veranstaltung nicht informiert. Wollte man das Thema sozusagen „unter dem Radar“ abhandeln, sozusagen nach dem Motto, die Stadt handelt, der Bürger hat dem Folge zu leisten? 

Den Veranstaltern war offensichtlich bewusst, dass es sich bei der Vorstellung der geplanten Windräder um ein „heißes Eisen“ handelt, sonst wäre der örtliche Bürgerpolizist vermutlich nicht zur Veranstaltung hinzugebeten worden. 
Die Firma bemühte sich bei ihrer Vorstellung sehr, ihre Pläne den Ostritzern schmackhaft zu machen. Man wolle örtliche Firmen bei den Baumaßnahmen einbinden, für die Kommune gäbe es pro erzeugter Kilowattstunde 0,2 Cent, am Ende der Laufzeit würden die Anlagen zurückgebaut, deren Recycling bereits jetzt zu 95 % gesichert sei. Daneben wurde mit teilweisen Stromgutschriften für die unmittelbar Betroffenen geworben und mit einem Sparbriefmodell, bei dem sich Ostritzer beteiligen könnten. 

Aber zum Zuckerbrot gehört offensichtlich auch die Peitsche. Bürgermeisterin Stephanie Rikl verwies darauf, dass es der Stadt finanziell schlecht gehe und diese Einnahmen unbedingt benötigt würden. Sonst müsse, so die Bürgermeisterin, ein Kindergarten geschlossen werden. Der Betrieb von Kindergärten ist allerdings eine Pflichtaufgabe der Kommune, eine Schließung einer Einrichtung aus finanziellen Gründen ist nicht zulässig.

Drohen Leuba bis zu 40 Windkrafräder?

So richtig verfing die Charmeoffensive nicht bei den Besuchern. Unruhe und Unmut machte sich ob der Aussage der Bürgermeisterin breit. „Wie wird die Wertminderung meines Gebäudes ausgeglichen?“, fragte ein Betroffener des nahegelegenen Bergfriedens. Eine der Windkraftanlagen unterschreitet den Mindestabstand zur Wohnbebauung von 1.000 Metern, eine weitere liegt knapp darüber. Eine befriedigende Antwort bekam er nicht. 

Hingewiesen wurde von Einwohnern auf nachteilige Folgen für den Wald als ökologische Fläche und Schutzraum für Tiere. Nachteile ergeben sich auch für die Anwohner der zukünftigen Windanlagen.

Ein Landwirt sorgte sich beispielsweise, welche Auswirkungen der Betrieb der Windkraftanlagen auf das Klima haben werde. Ein Bürger, im Bergfrieden wohnhaft, trug Lärmbedenken vor. Denn er arbeite Nachtschicht und müsse tagsüber schlafen. Er werde wegen jedes noch so kleinen Geräuschs wach. 

Stadtrat Michael Deckwart (Wählervereinigung Siedlung) gab zu bedenken, dass bei Nutzung des ehemaligen Klosterwaldes für Energiezwecke die Gefahr groß ist, dass irgendwann auf dem gesamten Höhenrücken bis Leuba Windkraftanlagen gebaut werden, seiner Befürchtung nach könnten das im Gesamten 30 bis 40 Anlagen werden. Die Heranziehung eines Waldes, so appellierte Michael Deckwart, solle als allerletztes erfolgen. 

Bereits genug Flächen bereitgehalten

Stadtrat Thomas Göttsberger vertrat den Standpunkt, dass eine Entscheidung mit solch einer Tragweite nur durch die Bürger selbst im Rahmen eines Bürgerentscheides entschieden werden könne und auch müsse. Er kündigte an, dass seine Fraktion ’Wählervereinigung Siedlung’ demnächst hierzu einen entsprechenden Beschlussantrag in den Stadtrat einbringen werde und appellierte an die beiden anderen im Stadtrat vertretenen Fraktionen, aus Demokratiegründen diesen Bürgerentscheid nicht zu verhindern. 

Laut der Bürgermeisterin solle mit der Fortschreibung des Stadtentwicklungskonzepts ein Gesamtkonzept für erneuerbare Energien erstellt werden, um eine geordnete Entwicklung zu gewährleisten. Im Land Sachsen müssen 2 % der Fläche für erneuerbare Energien bereitgestellt werden, jetzt habe man noch die Möglichkeit, zu gestalten. Bei Nichteinhaltung dieses Zieles gäbe es Vorgaben, auf die die Kommune nicht mehr einwirken könne. Tatsächlich verhält es sich aber so, dass Ostritz bereits rund 5 % seiner Fläche für erneuerbare Energien nutzt, wie aus einem am 13. April bei Facebook veröffentlichten Brief der Anwohner des Bergfriedens hervorgeht, den diese der Bürgermeisterin und den Stadträten übersandt hatten.

In diesem Schreiben lehnen die Anwohner Windräder im Wald, dem besten Klimaschützer und schützenswertem Erholungsgebiet für den Menschen und Lebensraum für die Tiere, ab. Die Baumaßnahme wird den Wald schwer beeinträchtigen, so deren Bedenken. Die Anwohner appellieren in der Folge an die Stadträte, die vorgetragenen Argumente verantwortungsvoll abzuwägen.

Till Scholtz-Knobloch / 22.04.2025

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